Fachbeitrag teilen
I. Einleitung: Von der Richtlinie zur Verordnung
Bisher hat sich die europäische Batterierichtlinie1 (BattRL) hauptsächlich auf die Verwertungsphase von Batterien konzentriert. Der europäische Green Deal rückt allerdings Batterien ins Zentrum der Bemühungen um Klimaneutralität und eine nachhaltige Ressourcennutzung. Angesichts der wachsenden Bedeutung sowie Nachfrage von Batterien als Energiequelle für diverse Sektoren, ist ein einheitlicher Rechtsrahmen entlang ihres gesamten Lebenszyklus erforderlich. Mit dem begrenzten Regelungsumfang und der unterschiedlichen Umsetzung durch die Mitgliedstaaten, stößt die BattRL allerdings an ihre Grenzen bei der Schaffung einer nachhaltigen Batterie-Wertschöpfungskette. Es werden einheitliche Anforderungen benötigt – von der Beschaffung über die Herstellung bis zur Verwertung –, die ethische Rohstoffbeschaffung, Versorgungssicherheit, nachhaltige Batterieherstellung sowie die Verringerung der negativen Umweltauswirkungen und die Verbesserung der Ressourceneffizienz umfassen. Die neue Verordnung (EU) 2023/15422 (BattVO) legt harmonisierte Vorgaben fest, die die Ressourcennutzung, Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Sicherheit von Batterien verbessern sollen.
Um sicherzustellen, dass Batterien den festgelegten Standards entsprechen und ein hohes Umweltschutzniveau gewährleisten, sind nun verpflichtende Konformitätsbewertungsverfahren vorgeschrieben. Diese Pflicht liegt beim Batterie-Erzeuger, der den besten Einblick in den Produktkonzeptions- und Herstellungsprozess hat. Auch andere Wirtschaftsakteure entlang der Lieferkette müssen allerdings sicherstellen, dass nur konforme Batterien auf den Markt gelangen. Nachfolgend werden wesentliche Pflichten und Neuerungen vorgestellt sowie die damit verbundenen Herausforderungen für Wirtschaftsakteure beleuchtet.
Die BattVO bringt signifikante Neuerungen im Vergleich zur BattRL mit sich, die sich über alle Phasen des Lebenszyklus erstrecken. Ein Teil der Vorschriften ist bereits seit dem 18. Februar 2024 in Kraft, während vor allem die Neuerungen schrittweise bis 2027 und länger hinaus umgesetzt werden. Folgende neue bzw. maßgeblich erweiterte Anforderungen sind zukünftig beim Inverkehrbringen von Batterien zu erfüllen, wobei sich die Ausgestaltung und die Fristen je Batteriearten unterscheiden können:
Die Bestimmung des Umfangs an Pflichten für Unternehmen hängt wesentlich von der eigenen Rolle in der Wertschöpfungskette ab. Eine bedeutende Neuerung ist die Einführung des Erzeugers gemäß Art. 3 Nr. 33, der für die Konformität und Erfüllung von Nachhaltigkeits- und Sicherheitsstandards sowie Kennzeichnungs- und Informationsanforderungen verantwortlich ist. „Erzeuger bezeichnet eine natürliche oder juristische Person, die eine Batterie erzeugt oder entwickeln oder erzeugen lässt und diese Batterie in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet oder zu eigenen Zwecken in Betrieb nimmt.“
Erzeuger, Einführer oder Händler können aber auch Hersteller gem. Art. 3 Nr. 47 sein, der vor allem für die Bewirtschaftung von Altbatterien verantwortlich ist. „Hersteller bezeichnet einen Erzeuger, Einführer oder Händler oder eine andere natürliche oder juristische Person, der bzw. die unabhängig von der Verkaufsmethode“, Batterien in dem jeweiligen Mitgliedstaat vermarktet.
Wichtig zu beachten ist hierbei, dass es den Erzeuger-Begriff in anderen Rechtsvorschriften, die für Unternehmen möglicherweise auch relevant sein können, nicht gibt. Die unterschiedlichen Begrifflichkeiten können zu Verwirrung und unter Umständen dazu führen, dass Unternehmen nicht allen Pflichten nachkommen. Unter der Richtlinie 2011/65/EU3 (RoHS) gibt es beispielsweise lediglich den Hersteller-Begriff, der den Erzeuger gem. BattVO beinhaltet. Unternehmen müssen sich daher eingehend mit den Definitionen der Wirtschaftsakteure auseinandersetzen und klar differenzieren, welche Rolle sie in der Wertschöpfungskette einnehmen, um alle ihre Verpflichtungen zu erfassen und diesen vollumfänglich nachzukommen.
Seminarhinweis
Material Compliance im Geräte- und Maschinenbau
In unserem Seminar erhalten Sie einen Einblick in die Welt der Material Compliance (REACH, RoHS, WFD (SCIP), POP, BattVO, PPWR, WEEE und Material Compliance in Aspekten der Nachhaltigkeit) und Praxisempfehlungen rund um die Implementierung in Ihre Compliance Prozesse.
zum Seminar
Eine gestaffelte Vorgehensweise bei den Umsetzungsfristen soll den Wirtschaftsakteuren und Behörden den Umsetzungsprozess erleichtern, trägt jedoch auch zu mehr Komplexität und Intransparenz bei. Viele Fristen sind von zu erlassenden delegierten Rechtsakten abhängig, bei deren Umsetzung bereits Verzögerungen auftreten und teilweise schon erweiterte Fristen gelten.
Zu den zentralen Pflichten der BattVO gehört die Durchführung von Konformitätsbewertungsverfahren für Batterien, die von den Erzeugern durchgeführt oder veranlasst werden, und welche wiederum durch andere Wirtschaftsakteure entlang der Lieferkette geprüft werden müssen. Dies erfordert nicht nur eine genaue Kenntnis der rechtlichen Anforderungen, sondern auch erhebliche Ressourcen und Investitionen in die entsprechenden Prozess- und Infrastrukturen zur Umsetzung. Alle Wirtschaftsakteure stehen vor der Herausforderung, sicherzustellen, dass alle Batterien, die sie auf den Markt bringen oder in Betrieb nehmen– auch jene, die in Geräte eingebaut sind-, den festgelegten Vorgaben entsprechen.
Konformitätsbewertungsverfahren, das Anbringen von CE-Kennzeichnungen und Ausstellung der EU-Konformitätserklärung bedarf es durch die Erzeuger prozessual zu implementieren oder mindestens zu beauftragen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen werden hier vor großen Herausforderungen stehen, Ressourcen für die Gestaltung und Umsetzung dieser Prozesse bereitzustellen. Einführer und Händler von Batterien müssen sich vor dem Inverkehrbringen bzw. Bereitstellen auf dem Markt vergewissern, dass die Batterien den Konformitätsanforderungen entsprechen und die Erzeuger ihren Pflichten nachgekommen sind. Hierfür wird es notwendig sein, Maßnahmen wie eine eingehende Überprüfung der Unterlagen sowie Prüfung der korrekten Kennzeichnung der Batterien zu ergreifen und in die bestehenden Beschaffungsprozesse mit aufzunehmen. Insbesondere bei Erzeugern mit Sitz außerhalb der EU sollten die Einführer in der Union über die Vorgaben zu den Konformitätsbewertungsverfahren und weiteren Vorschriften detailliert Bescheid wissen, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen tatsächlich adressiert werden. Auch bei in Geräten/Komponenten eingebauten Batterien, die unter Umständen sogar von weiteren Erzeugern und Zulieferern stammen, müssen alle Anforderungen erfüllt werden. Dies erfordert einen erhöhten Abstimmungsbedarf, die Überarbeitung von Lieferverträgen sowie den Aufbau von Wissen, was wiederum zusätzliche Kosten für die beteiligten Unternehmen bedeutet.
Hinsichtlich der bald nahenden Umsetzungsfrist zur Konformität von Batterien zum 18. August 2024 besteht hier dringend Handlungsbedarf, um entsprechende Vereinbarungen zu den Anforderungen mit den Erzeugern und Lieferanten der Batterien zu treffen, die entsprechenden Prozesse aufzubauen und zu implementieren. Hierfür werden je nach Größe der Unternehmen, nach der geografischen Ausrichtung und des Produktportfolios erhebliche Ressourcen notwendig sein, um die Vorgaben zu verstehen, zu prüfen und in die bestehenden Prozesse einzubinden. Zu beachten ist außerdem, dass die CE-Kennzeichnung der Batterien erst zur Umsetzungsfrist erfolgen darf, was eine frühzeitige Umsetzung der Kennzeichnung erschwert und eine enge Abstimmung mit den Erzeugern erfordert.
Alle relevanten Dokumente, einschließlich EU-Konformitätserklärungen und technischer Unterlagen müssen für einen Zeitraum von zehn Jahren aufbewahrt werden und auf Verlangen der Behörden zur Verfügung gestellt werden. Dies erfordert eine effektive Dokumentenverwaltung und -speicherung sowie erweiterte vertragliche Vereinbarungen, falls erforderliche Unterlagen wie die EU-Konformitätserklärung vom Erzeuger oder Lieferanten nicht ausgehändigt werden.
Die Durchführung von Konformitätsbewertungsverfahren für Batterien stellt somit nicht nur für den Erzeuger, sondern auch für Einführer und Händler eine zentrale Herausforderung dar, sowohl in Bezug auf Ressourcen in Zusammenhang mit der prozessualen Umsetzung als auch auf die genaue Einhaltung der rechtlichen Anforderungen, die abgestimmt und geprüft werden müssen.
Die BattVO stellt einen bedeutenden Schritt zur Regulierung des Batteriemarktes dar, der nicht zu unterschätzen ist. Während einige Bereiche harmonisiert werden, bleiben andere, wie das End-of-Life-Management, den Mitgliedsstaaten nach wie vor recht „offen“ überlassen. Die Vielzahl von Neuerungen und Pflichten, sowohl für etablierte als auch neue Akteure, verdeutlicht, dass ihre Umsetzung keinesfalls nebenbei erfolgen kann. Zahlreiche Fragen zur praktischen Umsetzung und Durchführbarkeit sind noch offen und erfordern möglicherweise Nachjustierungen. Besonders herausfordernd ist die Verknüpfung von Vorgaben mit anderen produktspezifischen Regelungen wie die Anforderungen an in Geräte eingebaute Batterien.
Ein erfolgreiches Umsetzen der neuen Batterievorschriften wird entscheidend sein, um die Ziele des europäischen Green Deals zu erreichen und einen nachhaltigen Umgang mit Batterien entlang der gesamten Wertschöpfungskette sicherzustellen. Die umfassenden Regelungen zur Konformität dürften zu einer verstärkten Kontrolle und potenziell höherer Sicherheit von Batterien führen, was angesichts der wachsenden Bedeutung und Nachfrage nach Batterien durchaus angemessen erscheint.
Fußnoten:1Richtlinie 2006/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren und zur Aufhebung der Richtlinie 91/157/EWG (Abl. L. 266 vom 26.09.2006, S.1).2Verordnung (EU) 2019/1020 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten sowie zur Änderung der Richtlinie 2004/42/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 765/2008 und (EU) Nr. 305/20113Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 zur Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten
Verfasst am: 13.05.2024
Michaela Prandl
Beraterin und Projektleiterin zur erweiterten Herstellerverantwortung (DE und EU) in den Bereichen WEEE, Batterien & Verpackungen und Unterstützung bei der internen Gestaltung und Umsetzung von Prozessen in Unternehmen. Frau Prandl hat mehrjährige Erfahrung zu umweltrechtlichen Anforderungen und der betrieblichen Umsetzung von Material Compliance Themen. Studium Management und Technology TU München - BWL mit Schwerpunkt Supply Chain Management und Chemie
E-Mail: mprandl@novaloop.de
Katrin Schneikert
Co-Founder der NovaLoop GmbH. Ihr Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der Entwicklung und Implementierung von Compliance- und Nachhaltigkeitsstrategien für Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen. Mit ihrer langjährigen Erfahrung aus der Unternehmensberatung im Bereich „Material Compliance & umweltbezogene Marktzutrittsvoraussetzungen“ und mit fundiertem Wissen im internationalen Umweltrecht und Europarecht schafft die Volljuristin und Wirtschaftsmediatorin es, Ziele der Nachhaltigkeitsentwicklung mit wirtschaftlichen und rechtlichen Belangen der Produktcompliance lückenlos zu verknüpfen. Damit unterstützt sie Umwelt-Compliance-Programme und Nachhaltigkeitsprojekte engagiert von der Konzeption bis zur erfolgreichen Umsetzung.
E-Mail: kschneikert@novaloop.de
Sie sind noch nicht zum kostenlosen CE-InfoService registriert? Melden Sie sich jetzt an und erhalten Sie die Info per Mail, wenn neue Fachbeiträge, wichtige Normenveröffentlichungen oder sonstige News aus dem Bereich Maschinen- und Elektrogerätesicherheit bzw. Product Compliance verfügbar sind.
Registrieren
CE-Software zum systematischen und professionellen sicherheitstechnischen Engineering
Praxisgerechte Seminare rund um das Thema Produktsicherheit
Mit dem CE-InfoService bleiben Sie informiert bei wichtigen Entwicklungen im Bereich Produktsicherheit