Dieser Beitrag behandelt die Aufgaben und Pflichten beteiligter Personen, Abteilungen und Firmen beim Bau von Schaltschränken für Maschinen. Insbesondere das Zusammenspiel zwischen Beteiligten der mechanischen Konstruktion und den Planern der Steuerung kann Auswirkungen auf die Sicherheit einer entstehenden Gesamtmaschine haben. Neben Hinweisen zur Abteilungs- oder firmenübergreifenden Zusammenarbeit wird im vorliegenden Artikel darauf eingegangen, warum Schaltschränke, auch wenn sie eigens in Verkehr gebracht werden, elektrische Betriebsmittel im Sinne der Niederspannungsrichtlinie sind. Dabei wird auf die Abgrenzung zur Einstufung als Sicherheitsbauteil gemäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG Bezug genommen.
Die folgenden Ausführungen unterscheiden drei Rollen:
Der Maschinenbauer ist für die mechanische Konstruktion und Fertigung der Maschine verantwortlich. Im Aufgabenbereich des Steuerungsplaners ist die Planung und Konzeption der Steuerung. Er führt die nötigen Berechnungen durch, wählt passende Bauteile aus und erstellt Pläne. Anhand dieser Pläne baut der Schaltschrankbauer den Schaltschrank zusammen.
Diese Rollen können von Personen oder Abteilungen innerhalb oder außerhalb eines Unternehmens wahrgenommen werden. Häufig werden bestimmte Aufgaben im Produktentstehungsprozess an externe Unternehmen ausgelagert. Unterschiedliche Kombinationen der Aufgabenteilung können somit zu unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen der beteiligten Personen und Unternehmen führen. Daher ist die klare Zuordnung der Rollen besonders wichtig. Unternehmen, die Schaltschränke herstellen, können auch in der Rolle des Steuerungsplaners sein, unter Umständen ohne es zu wissen. Schließen Elektrounternehmen in Eigenverantwortung an einen von ihnen geplanten und gebauten Schaltschrank zum Beispiel Motoren, Pumpen, Lüfter oder andere Komponenten an, werden sie, in vielen Fällen völlig unbewusst, zum Hersteller einer Maschine und sind somit für die Sicherheit des Gesamtgebildes verantwortlich. Vor allem vier Fälle treten in der Praxis häufig auf, welche nachfolgend genauer erläutert werden:
Hinsichtlich des öffentlich-rechtlichen Inverkehrbringensrechts stellt dieser Fall (siehe Abbildung 1) die einfachste Variante dar, da nur das Endprodukt (eine Maschine) in Verkehr gebracht wird.
Der Hersteller der Maschine führt ein Konformitätsbewertungsverfahren nach Maschinenrichtlinie durch, erstellt eine Konformitätserklärung und bringt die CE-Kennzeichnung an der Maschine an.
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Anhang VIII, 3: Der Hersteller muss alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, damit durch den Herstellungsprozess gewährleistet ist, dass die hergestellten Maschinen (...) die Anforderungen dieser Richtlinie erfüllen.
Für den Steuerungsplaner (in diesem Fall handelt es sich also um eine Abteilung) gilt, dass die Steuerung entsprechend Anhang I, Abschnitt 1.2.1 der Maschinenrichtlinie gebaut und entworfen werden muss. Gemäß Anhang I, Abschnitt 1.5.1 der Maschinenrichtlinie, müssen elektrische Gefährdungen vermieden werden. Dafür gelten die Schutzziele der Niederspannungsrichtlinie. In der Praxis werden zur Erreichung der Forderungen aus der Maschinenrichtlinie Normen herangezogen. Die Norm EN 60204-1 behandelt sicherheitstechnische Aspekte elektrischer Ausrüstungen von Maschinen. Für die Berechnung von sicherheitsrelevanten Steuerungen sind die Normen EN ISO 13849-1 und -2 oder EN 62061 verfügbar. Die Anforderungen an die Steuerungen (erforderlicher Performance Level gemäß EN ISO 13849 oder erforderlicher SIL gemäß EN 62061) ergeben sich aufgrund der Ergebnisse der Risikobeurteilung, die optimalerweise von den Maschinenbaukonstrukteuren oder in Zusammenarbeit mit ihnen durchgeführt werden. Soll beispielsweise eine Schutztür steuerungstechnisch überwacht werden, hängen die Komplexität der Steuerung (z.B. Zweikanal-Struktur) sowie die Bauteilauswahl (z.B. MTTFd-Werte) vom Risikopotential der Gefährdung ab. Voraussetzung für die Entwicklung einer ausreichend sicheren Steuerung – und somit letztlich auch einer ausreichend sicheren Maschine – ist daher eine funktionierende Zusammenarbeit der beiden Fachabteilungen Maschinenbau und Steuerungsbau. Für den Bau des Schaltschranks gelten die gleichen Anforderungen wie für die restliche Maschine, gemäß Anhang VIII, 3. (siehe Kasten oben).
Bevor eine Maschine „in den Verkehr“ gebracht werden darf, also vor dem Vertrieb oder der Benutzung (siehe Kasten), muss der Hersteller die Sicherheit der Maschine gewährleisten. Dies beinhaltet analog zu Fall 1 auch die elektrische Sicherheit und die Tauglichkeit der Steuerung für sicherheitsrelevante Funktionen. Die Anforderungen der Maschinenrichtlinie gelten unabhängig davon, in welchen Konstellationen die Maschine gebaut wird. Damit eine sichere Maschine entsteht, muss das Maschinenbauunternehmen sicherstellen, dass der vom Steuerungsbauunternehmen gelieferte Schaltschrank die Anforderungen der Maschinenrichtlinie erfüllt.
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Art. 2, h:„Inverkehrbringen“ die entgeltliche oder unentgeltliche erstmalige Bereitstellung einer Maschine oder einer unvollständigen Maschine in der Gemeinschaft im Hinblick auf ihren Vertrieb oder ihre Benutzung;
Für die Planung der sicherheitsrelevanten Funktionen der Steuerung benötigt das Steuerungsbauunternehmen die Unterlagen der Risikobeurteilung. Die Zurverfügungstellung sollte vertraglich vereinbart werden. Aus diesen Informationen werden die Anforderungen an die Steuerung abgeleitet. Eine möglichst genaue und frühzeitige Abstimmung zwischen dem Maschinenbauunternehmen und dem Steuerungsbauunternehmen ist daher besonders wichtig. Insbesondere ist beiden Unternehmen zu empfehlen, den gewünschten Funktionsumfang vertraglich, z.B. in Form von Lastenheften festzuhalten. In der Praxis zeigt sich häufig ein anderes Bild: Lastenhefte an Steuerungsbauunternehmen beinhalten zwar funktionelle technische Spezifikationen, sicherheitstechnisch relevante Anforderungen sind jedoch nicht definiert. Dies kann dazu führen, dass die sicherheitstechnischen Überlegungen erst zu einer späten Projektphase stattfinden. Die Unternehmen müssen sich dann über die Zuständigkeit und über ggf. nicht budgetierte Kosten für die Konzeption und den Bau der Sicherheitsfunktionen einigen.
Inverkehrbringen des Schaltschrankes
Welche Pflichten hat nun das Steuerungsbauunternehmen für den von ihm geplanten und gebauten Schaltschrank? Der Einbau in eine Maschine befreit den Schaltschrankbauer nicht von seinen Pflichten. Er ist für ein korrektes Inverkehrbringen verantwortlich. Zu klären ist, welche EU-Richtlinie das Inverkehrbringen des Schaltschranks regelt. Abhängig von der zutreffenden Richtlinie wird das entsprechende Konformitätsbewertungsverfahren ausgeführt. Aus Sicht der Autoren sind Schaltschränke Betriebsmittel im Sinne der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU. Dies deckt sich mit den Ausführungen der „Sicherheitsfiebel zur Maschinensicherheit" [1].
Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, Art. 1: Diese Richtlinie gilt für elektrische Betriebsmittel zur Verwendung bei einer Nennspannung zwischen 50 und 1000 V für Wechselstrom und zwischen 75 und 1500 V für Gleichstrom mit Ausnahme der Betriebsmittel und Bereiche, die in Anhang II aufgeführt sind.
Eine mögliche andere Interpretation findet sich auf der Homepage der BAuA [2]. Dort werden Schaltschränke, sofern sie die Steuerung von Sicherheitsfunktionen von Maschinen beinhalten, als Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie betrachtet. Zum selben Schluss kommen auch andere Argumentationen [3, 4]. Diese stützten sich auf die Definition eines Sicherheitsbauteils entsprechend den Begriffsbestimmungen aus Art. 2, c der Maschinenrichtlinie:
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Art. 2 c „Sicherheitsbauteil“ ein Bauteil,
Eine nicht erschöpfende Liste von Sicherheitsbauteilen findet sich in Anhang V, der gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a aktualisiert werden kann;
Während die ersten drei Aufzählungen der Definition des Sicherheitsbauteils auch auf Schaltschränke zutreffen, stellt sich die Frage, ob der vierte Punkt ebenfalls für Schaltschränke passend ist? Ein Beispiel für ein Sicherheitsbauteil ist ein NOT-HALT-Befehlsgerät. Dieses könnte durch einen einfachen Schalter ersetzt werden. Somit ist für das NOT-HALT-Befehlsgerät auch der vierte Punkt der Definition eines Sicherheitsbauteils erfüllt. Dass ein Schaltschrank, welcher auch Sicherheitsfunktionen beinhaltet, durch einen „rein funktionalen“ Schaltschrank ersetzt werden kann, scheint eine eher theoretische Überlegung zu sein. Techniker neigen dazu, Gesetzestexte nach dem reinen Wortlaut auszulegen. Juristisch vorrangig ist jedoch die teleologische Auslegung – also die Auslegung nach dem Sinn und Zweck einer Rechtsvorschrift. Dabei ist zu beurteilen, was der Gesetzgeber regeln wollte. Dass es beabsichtigt war, Schaltschränke (auch wenn diese Sicherheitsfunktionen beinhalten) als Sicherheitsbauteile zu betrachten, ist aus mehreren Gründen in Frage zu stellen: Die Maschinenrichtlinie nennt in Anhang V eine beispielhafte Liste von Sicherheitsbauteilen. Dort hätten Schaltschränke genannt werden können, wenn es beabsichtigt gewesen wäre, Schaltschränke als Sicherheitsbauteile zu klassifizieren. Die Kommission hat auch nicht von Artikel 8 Absatz 1 der Maschinenrichtlinie Gebrauch gemacht, dieser Liste Schaltschränke nachträglich hinzuzufügen. Zudem nennt die Maschinenrichtlinie in den Ausnahmen vom Anwendungsbereich Art. 1 (2) „Niederspannungsschaltgeräte und -steuergeräte“.
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Art. 1 (2) (2) Vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie sind ausgenommen: (…) k) elektrische und elektronische Erzeugnisse folgender Arten, soweit sie unter die Richtlinie 73/23/EWG des Rates vom 19. Februar 1973 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend elektrische Betriebsmittel zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen fallen:
§ 42 des Leitfadens zur Maschinenrichtlinie führt zu diesem Punkt aus: „Die Ausnahme von Niederspannungsschaltgeräten und –steuergeräten, wie im fünften Aufzählungspunkt in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe k angegeben, gilt nicht für elektrische Sicherheitsbauteile.“
Aus dieser Aussage abzuleiten, dass Schaltschränke also nicht von der Ausnahme betroffen sind, und daher Sicherheitsbauteile sind, stellt einen Zirkelschluss dar und kann somit nicht als Argument dienen. Zu dieser Ausnahme äußert sich der Leitfaden in § 68 noch genauer. Der letzte Satz (unterstrichener Bereich) weist auf den wichtigen Hinweis hin, dass die Ausnahme nicht auf Sicherheitsbauteile anwendbar ist.
Leitfaden zur Maschinenrichtlinie, 2. Auflage § 68: (… ) Bei den Niederspannungsschaltgeräten und –steuergeräten, die im fünften Aufzählungspunkt von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe k aufgeführt sind, handelt es sich um Geräte für das Ein- und Ausschalten des Stromflusses in elektrischen Stromkreisen sowie um die zugehörigen Mess-, Steuer- und Regelgeräte für die Steuerung und Betätigung von elektrisch betriebenen Geräten. Diese Geräte unterliegen als solche nicht der Maschinenrichtlinie. Wenn diese Geräte in Maschinen eingebaut werden, müssen sie die Maschinen in die Lage versetzen, die einschlägigen grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen gemäß Anhang I der Maschinenrichtlinie zu erfüllen. Es ist zu beachten, dass dieser Ausschluss nicht auf elektrische Niederspannungs-Sicherheitsbauteile anwendbar ist.
Gemeint sind damit z.B. Sicherheits-Schütze, welche Sicherheitsbauteile im Sinne der Maschinenrichtlinie sind. Die Aussage, dass auch Schaltschränke nicht von der Ausnahme des Art. 1 (2) betroffen sind und damit Sicherheitsbauteile sind, ist nach Ansicht der Autoren ein Zirkelschluss. Dieses Argument wäre nur unter der Prämisse gültig, dass Schaltschränke Sicherheitsbauteile sind – was ja gerade zur Diskussion steht.
Fazit zu „Schaltschrank als Sicherheitsbauteil (MRL) oder el. Betriebsmittel (Nspg-RL)“: Es gibt kein Urteil, welches feststellt, dass Schaltschränke Sicherheitsbauteile sind oder nicht. Somit verbleiben beide Interpretationen Einschätzungen. Wesentlich wichtiger, als die Frage, welche Richtlinie für den Schaltschrank gilt oder nicht, ist einerseits die Sicherheit des Schaltschrankes für sich und andererseits die Tauglichkeit im Zusammenspiel mit der Maschine (siehe fett hervorgehobenen Text im Kasten oben zu § 68).
Abgesehen von der formalen Entscheidung, ob die Maschinenrichtlinie oder die Niederspannungsrichtlinie anzuwenden ist, ist zu entscheiden, welche Aufgaben vom Hersteller des Schaltschranks im Zuge der jeweiligen Konformitätsbewertungsverfahren zu erfüllen sind. Da mit der Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU seit 20.4.2016 auch für elektrische Betriebsmittel eine Risikobeurteilung durchgeführt werden muss, unterscheidet sich das Konformitätsbewertungsverfahren in beiden Fällen nur geringfügig.
Dieser Fall behandelt die Situation, dass ein Unternehmen den Schaltschrank entsprechend genauer Angaben zusammenbaut. Die gesamte Entwicklung, inklusive des Layouts, der Auswahl der Komponenten usw., ist vom Steuerungsplaner vorgegeben.
Abbildung 3 zeigt zwei mögliche Situationen:
In beiden Fällen ist eine klare Abstimmung über den genauen Liefer- und Leistungsumfang besonders wichtig. Der Schaltschrankbauer kann in beiden Fällen nicht für das Konformitätsbewertungsverfahren zuständig sein, da alle technischen Details vom Steuerungsplaner festgelegt wurden. Der Schaltschrankbauer hat daher keinen Einfluss auf die Beschaffenheit des Schaltschranks. Der Schaltschrankbauer ist somit nicht „Hersteller“ des Schaltschrankes (siehe Kasten). Allerdings ist er für die sachgemäße Installation und Verkabelung verantwortlich.
Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, Art. 2, 3:„Hersteller“: jede natürliche oder juristische Person, die ein elektrisches Betriebsmittel herstellt bzw. entwickeln oder herstellen lässt und dieses elektrische Betriebsmittel unter ihrem eigenen Namen oder ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet;
Wer ist nun aber Hersteller des Schaltschrankes im Sinne der Niederspannungsrichtlinie und welche Pflichten sind damit verbunden? Ein Hersteller muss nicht zwangsläufig alle Schritte im Produktentstehungsprozess selbst durchführen. Theoretisch könnte er die gesamte Konstruktion auslagern und dennoch Hersteller sein.
Das Maschinenbauunternehmen ist dafür verantwortlich, für die Maschine das Konformitätsbewertungsverfahren nach Maschinenrichtlinie durchzuführen. Teil dieses Prozesses ist auch die Durchführung einer Risikobeurteilung. Diese erstreckt sich auf die Gefährdungen des Schaltschrankes, die Anforderungen der Steuerung und alle anderen Gefährdungen im Zusammenhang mit der Maschine. Die Konformitätserklärung sowie die CE-Kennzeichnung der Maschine erfolgt im Sinne der Maschinenrichtlinie. Wie bereits erwähnt hat der Schaltschrankbauer also in beiden Fällen keine Pflicht zur CE-Kennzeichnung. Aber Vorsicht! Häufig wägen sich Schaltschrankbauer in der vermeintlichen Rechtssicherheit der „verlängerten Werkbank“. Dies ist aber nur gegeben, wenn der Schaltschrankbauer strikt nach den Plänen und Vorgaben fertigt. Sofern der Schaltschrankbauer Entscheidungen trifft, z.B. die Auswahl von Bauteilen, ist er ggf. nicht mehr nur verlängerte Werkbank. Ob der Schaltschrankbauer nun verlängerte Werkbank ist (wegen fehlendem Einfluss auf die Konstruktion) oder Hersteller (wegen Miteinfluss auf konstruktive Entscheidungen) ist eine schwierige und verantwortungsvolle Wertungsfrage, bei der es keine vollständige Rechtssicherheit geben kann, weil im Grenzbereich auch die andere Meinung vertreten werden könnte. Die Lösung hängt von den genauen Umständen ab und ist somit von Fall zu Fall zu bewerten. Abseits der Frage, wer nun der Hersteller des Schaltschranks ist, ergeben sich für alle beteiligten Personen Pflichten aus den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Dies bedeutet, dass jeder der am Entstehungsprozess von Produkten beteiligt ist, immer alle ihm möglichen und zumutbaren Sorgfaltsmaßnahmen ergreifen muss. Beispielsweise muss der Schaltschrankbauer aus Abbildung 3 den Planer des Schaltschranks informieren, wenn während des Zusammenbaus Fehler in den Plänen (z.B. unzureichende Leiterquerschnitte, zu geringe Abstände zwischen Bauteilen, zu überfüllte Kanäle, …) entdeckt werden.
In der Praxis planen und bauen Elektrounternehmen häufig Schaltschränke und schließen Komponenten an, die dazu führen, dass das Gesamtgebilde eine Maschine im Sinne Art. 2 a der Maschinenrichtlinie wird.
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Art. 2,a„Maschine“ — eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind; (…)
Das bzw. die Maschinenbauunternehmen, die mechanische Teile, Motoren, unvollständige Maschinen oder andere Komponenten geliefert haben, sind zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) vor Ort. Dadurch wird das Elektrounternehmen, in vielen Fällen völlig unbewusst, zum „Hersteller“ der Maschine, mit allen damit verbundenen Pflichten (Risikobeurteilung, technische Unterlagen zusammenstellen, CE-Kennzeichnung anbringen, Konformitätserklärung unterzeichnen,…). Dies gilt unabhängig davon, ob die Installation für ein Unternehmen oder für Privatpersonen durchgeführt wird! Besonders erwähnenswert erscheint, dass vor allem Elektro Installationsunternehmen häufig kraftbetriebene Vorrichtungen mittel Bussystemen (z. B. KNX-Bus) steuern. In diesem Fall muss das Elektrounternehmen prüfen, ob die verwendete Bus-Technologie für die gewünschte Anwendung geeignet ist. Für den Nachweis der Sicherheit muss das Unternehmen eine Risikobeurteilung durchführen. Zusätzlich müssen die geforderten technischen Unterlagen zusammengestellt werden. Diese enthalten auch eine Betriebsanleitung sowie eine EG-Konformitätserklärung gemäß der Maschinenrichtlinie. Diese Dokumente sind nicht nur für ein rechtmäßiges Inverkehrbringen von Bedeutung. In einem möglichen Schadensfall dienen diese Unterlagen als wichtige Beweisdokumente und können zur Entlastung des Herstellers dienen. Werden z.B. nachträglich Manipulationen oder Änderungen durchgeführt kann der Hersteller anhand der technischen Unterlagen beweisen, dass die Maschine zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens sicher war.
Wie im Artikel bereits erwähnt, verpflichtet die seit 20. April 2016 anzuwendende Niederspannungsrichtlinie zur Durchführung einer „angemessenen Risikoanalyse- und Bewertung“. Genauere Vorgaben, an die Form und an den Prozess werden durch die Richtlinie nicht vorgegeben. Dadurch entsteht insbesondere die Frage, ob die nach Maschinenrichtlinie harmonisierte Norm EN ISO 12100 auch für Risikobeurteilungen nach Niederspannungsrichtlinie herangezogen werden kann. Diese und weitere Fragen beantwortet der Beitrag "CE-Kennzeichnung elektrischer Geräte: Gesetzliche Pflicht zur Risikobeurteilung".
Referenzen:
[1] https://www.vde-verlag.de/buecher/404257/sicherheitsfibel-zur-maschinensicherheit.htm [2] https://www.baua.de/DE/Themen/Anwendungssichere-Chemikalien-und-Produkte/Produktsicherheit/Maschinen/FAQ/02/02-17FAQ.html [3] http://www.reuschlaw.de/news/anwendung-der-maschinenrichtl%20inie-auf-schaltschraenke/ [4] http://www.maschinenrichtlinie.de/fileadmin/veroeffentlichungen/Schaltschrank_fuer_Maschinen-_und_Anlagen_in_Verkehr_bringen.pdf
Verfasst am: 21.12.2016
Johannes Windeler-Frick, MSc ETH Geschäftsführer der IBF Solutions. Fachreferent CE-Kennzeichnung und Safexpert. Vorträge, Podcasts und Publikationen zu unterschiedlichen CE-Themen, insbesondere CE-Organisation und effizientes CE-Management. Leitung der Weiterentwicklung des Softwaresystems Safexpert. Studium der Elektrotechnik an der ETH Zürich (MSc) im Schwerpunkt Energietechnik sowie Vertiefung im Bereich von Werkzeugmaschinen.
E-Mail: johannes.windeler-frick@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
Prof. Dr. Thomas Wilrich Tätig rund um die Themen Produktsicherheit, Produkthaftung, Arbeitsschutz und Warenvertrieb einschließlich der entsprechenden Betriebsorganisation, Vertragsgestaltung, Schadensersatz- und Führungskräftehaftung, Versicherungsfragen und Strafverteidigung. Er ist an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule München zuständig für Wirtschafts-, Arbeits-, Technik- und Unternehmensorganisationsrecht sowie „Recht für Ingenieure“.
E-Mail: info@rechtsanwalt-wilrich.de | www.rechtsanwalt-wilrich.de
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