Vorgängernorm, Nachfolgenorm, Normentwurf, Konformitätsvermutung, Beweislastumkehr? Sich im Normendschungel zurechtzufinden, ist nicht immer ganz einfach. Ist die richtige Norm gefunden, präsentieren sich zudem noch unterschiedliche Ausgabestände. Kann einfach die „neueste“ Norm angewendet werden – und was hat es mit den Begriffen „Konformitätsvermutung“ und „Stand der Technik“ zu tun? Diese und weitere Fragen beantwortet der nachfolgende Fachbeitrag.
Bei der Veröffentlichung von europäischen Normen sind unterschiedliche Akteure involviert. Für Hersteller sind insbesondere folgende Institutionen relevant:
Durch die Beteiligung dieser unterschiedlichen Organisationen ergeben sich auch unterschiedliche Informationen hinsichtlich der Aktualität bzw. der Anwendbarkeit von europäischen Normen. Für Anwender ist es mitunter schwierig zu unterscheiden, welcher Status und welches Datum nun was bedeutet. Dies besprechen wir vornehmlich am Beispiel der EN 60204-1:2018 (Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen).
Die oben genannten europäischen Normungsorganisationen bestehen aus jeweils 34 Mitgliedern der EU- und EFTA-Staaten, welche das Ziel verfolgen, europäische Normen zu entwickeln.
Die Mitglieder dieser Organisationen werden von den nationalen Instituten zur Teilnahme am Normungsprozess gesandt. Jedes einzelne nationale Normungsinstitut nimmt die finale Ausgabe von CEN bzw. CENELEC entgegen und generiert seine jeweilige nationale Fassung. Beispielsweise wird aus dem europäischen Dokument EN 60204-1:2018 in Österreich die OVE EN 60204-1:2018-08-01 oder in Deutschland die DIN EN 60204-1:2018-06. Grundlage für alle nationalen Fassungen bleibt jedoch dieselbe europäische Fassung.
Hinsichtlich des CE-Prozesses kommt nun auch die EU-Kommission ins Spiel. Die EN 60204-1:2018 wurde beispielsweise von der Kommission im Jahr 2020 als Nachfolgenorm der EN 60204-1:2006 ins Amtsblatt der Europäischen Union für harmonisierte Normen im Sinne der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG aufgenommen. Doch was bedeutet dies?
Die Europäische Kommission veröffentlich üblicherweise täglich im sogenannten „Amtsblatt“ diverse Dokumente, z.B. Richtlinien, Verordnungen, Mitteilungen oder Gerichtsurteile, um nur einige Beispiele zu nennen. Für die Anwendung von Normen im Zusammenspiel mit EU-Produkt-Richtlinien (z.B. Maschinen, EMV, ATEX, Druckgeräte, EMV-Richtlinie, …) haben insbesondere solche Veröffentlichungen hohe Relevanz, die „harmonisierte Normen zur Unterstützung bestimmter Richtlinien“ auflisten. Jene Normen, die in diesen Listen vorhanden sind, lösen die sogenannte „Konformitätsvermutung“ aus.
Was dies bedeutet kann anhand eines Zitats der Maschinenrichtlinie oder der Niederspannungsrichtlinie betrachtet werden:
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG, Art. 7 (2): Ist eine Maschine nach einer harmonisierten Norm hergestellt worden, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, so wird davon ausgegangen, dass sie den von dieser harmonisierten Norm erfassten grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen entspricht.
Niederspannungsrichtlinie 2014/35/EU, Art. 12: Bei elektrischen Betriebsmitteln, die mit harmonisierten Normen oder Teilen davon übereinstimmen, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, wird eine Konformität mit den Sicherheitszielen nach Artikel 3 und Anhang I vermutet, die von den betreffenden Normen oder Teilen davon abgedeckt sind.
Gestalten Hersteller Ihre Produkte also in Übereinstimmung mit harmonisierten Normen, welche im Amtsblatt der EU für eine bestimmte Richtlinie gelistet sind, dann können sie davon ausgehen, dass auch die Anforderungen der Richtlinie in jenem Bereich, den die Norm abdeckt, erfüllt sind. Man nennt dies „Konformitätsvermutung“ bzw. spricht von „harmonisierten Normen, die Konformitätsvermutung auslösen“ oder von Normen mit „Konformitätsvermutungswirkung“ oder kurz „Vermutungswirkung“.
Quelle: IBF Seminar «Effiziente CE-Kennzeichnung von Maschinen und Anlagen»bzw. «Effiziente CE-Kennzeichnung nach Niederspannungsrichtlinie»
Mitunter werden die Begriffe „harmonisierte Norm“ und „Konformitätsvermutung“ synonym verwendet. Dies ist aber streng genommen nicht korrekt, da nicht jede harmonisierte Norm im Amtsblatt der EU gelistet ist, und daher auch nicht jede harmonisierte Norm Konformitätsvermutung auslöst.
Häufig wird gesagt, dass die Anwendung harmonisierter Normen mit Konformitätsvermutungswirkung zur Umkehr der Beweislast zu Gunsten des Herstellers (also der Herstellerfirma) führt. Diese Aussage ist aus rechtlicher Sicht jedoch zu pauschal. Zuerst stellt sich die Frage, in welcher Situation ein Hersteller denn eine Beweislast trägt. Dabei muss zwischen unterschiedlichen Situationen unterschieden werden:
Da sich strafrechtliche Sanktionen üblicherweise gegen natürliche Personen richten, soll dies hier nicht näher betrachtet werden. Wichtig ist aber, dass in Strafverfahren immer und ausnahmslos die Beweislast beim Staat liegt – selbst, wenn eine technische Norm nicht eingehalten ist. Es ist eben nur einfacher, eine Pflichtverletzung zu begründen, wenn ein Normverstoß vorliegt.
Verfahren vor den Zivilgerichten können sehr unterschiedliche Hintergründe haben – etwa kaufrechtliche Sachmängel-Gewährleistungsrechte, Schadensersatzforderungen der Geschädigten, Rückgriffsklagen von Unfallversicherungsträgern und Versicherungen, die ihre Aufwendungen ersetzt haben wollen, oder wettbewerbsrechtliche Verfahren von Konkurrenzunternehmen. Hier ist die Beweislastverteilung rechtlich zuweilen sehr schwierig, aber relevant wird die Frage nicht immer. Denn wer die Beweislast hat, verliert den Prozess nur dann, wenn er nichts beweisen kann. Wenn er (etwa ausreichende Sicherheit) des Produkts beweisen kann (etwa mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens), dann gewinnt er – und das sind bei weitem die meisten Fälle. Beweislast wirkt also nur dann (und in letztlich nicht wirklich zahlreichen Fällen) negativ, wenn man nicht ausreichend die Fakten darlegen kann – etwa weil ein Produkt beim Unfall so beschädigt ist, dass nichts mehr feststellbar ist.
Wenn eine Marktaufsichtsbehörde die Konformität eines Produkts anzweifelt und vom Hersteller (bei begründetem Verdacht) verlangt, dass dieser nachweist, dass sein Produkt den einschlägigen Gesetzen entspricht, dann – und nur dann – sind die Vorschriften über die Konformitätsvermutung gemäß Produktsicherheitsrecht anwendbar. Der Hersteller profitiert also nur im Fall behördlicher Beanstandungen von der vielgenannten „Beweislastumkehr“ durch die Anwendung von harmonisierten Normen mit Konformitätsvermutung.
Mit anderen Worten heißt das: Hat ein Hersteller ein Produkt entsprechend harmonisierter Normen mit Konformitätsvermutungswirkung hergestellt, muss die Behörde beweisen, warum das Produkt ihrer Ansicht nach nicht den Anforderungen der Gesetze (also z.B. warum das Produkt nicht Anhang I der Maschinenrichtlinie oder Anhang I der Niederspannungsrichtlinie) entspricht.
Es ist ein großer Mythos, dass die Vorteile der Konformitätsvermutung nur bei harmonisierten Normen greifen. Das ist zwar im Produktsicherheitsrecht so, wo es um behördliche Beanstandungen geht. Aber im Strafverfahren und zivilrechtlichen Schadensersatzverfahren vermutet die Rechtsprechung – übrigens schon lange vor der Geburt des Produktsicherheitsrecht – die Erfüllung der rechtlichen Anforderungen auch bei nicht harmonisierten und auch bei rein nationalen Normen (DIN; ÖNORM & Co.). Anders herum gehen die Gerichte von einem Gesetzesverstoß aus, wenn eine technische Norm nicht eingehalten ist – was der „Angegriffene“ aber entkräften kann durch (gute) technische Argumente für seine Lösung. Zu diesen beiden Situationen und ihren seltenen Ausnahmen (also Haftung trotz Normeinhaltung und Haftungsfreiheit trotz Normverstoß) gibt es tausende Haftungsurteile1.
Eine gesetzliche Regelung gibt es zu dieser praxisbedeutsamen Vermutungswirkung technischer Normen nicht. All diese Gerichtsurteile finden ihre Ergebnisse aufgrund der zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflicht und den Grundsätzen des Produkthaftungsgesetzes (in D = ProdHaftG, in AT = PHG, in CH = PrHG) und den strafrechtlichen Garantenpflichten mit folgenden Grundsätzen: Haftung bei Normverstoß und Haftungsfreiheit bei Normeinhaltung.
Fußnoten:1Siehe Wilrich, Die rechtliche Bedeutung technischer Normen als Sicherheitsmaßstab – mit 33 Gerichtsurteilen zu anerkannten Regeln und Stand der Technik, Produktsicherheitsrecht und Verkehrssicherungspflichten, 2017.
Wenn es um die gegenüber Marktaufsichtsbehörden relevante und gesetzlich geregelte Konformitätsvermutung gemäß Produktsicherheitsrecht geht (siehe 2.1), treffen die unterschiedlichen Organisationen (siehe 1) nun jeweils Aussagen zum Status eines bestimmten Dokuments:
Dies lässt sich am Beispiel der EN 60204-1:2018 sehr gut illustrieren:
Somit existieren verschiedene nationale Ausgabestände für dieselbe europäische, harmonisierte Norm. Es liegt im Ermessen des nationalen Instituts (z.B. DIN, Austrian Standards oder SNV) diese Fassungen zu überarbeiten, beispielsweise um Rechtschreibfehler oder Grafiken zu korrigieren. In diesen Fällen kann ein neuer nationaler Ausgabestand erscheinen, womit der Vorgänger automatisch zurückgezogen wird. D.h. es können unterschiedliche nationale Versionsstände von Normen existieren. Dies hat jedoch keinerlei Bedeutung für die harmonisierte (europäische) Norm! Die Harmonisierung liegt im Ermessen der Europäischen Kommission, die Erstellung eines europäischen Nachfolgers im Ermessen von CENELEC als Herausgeber der Norm.
Für Normen des EU-Amtsblattes gilt in jeder Hinsicht ein Sonderfall: selbst wenn CENELEC als zentraler Herausgeber der Norm eine neuere Norm veröffentlicht, ist die vorherige Version dennoch weiterhin im EU-Amtsblatt als harmonisierte Norm gelistet – jedenfalls bis eine offiziell angekündigte Streichung in Form eines EU-Durchführungsbeschlusses erfolgt und ggf. ein Nachfolger aufgenommen wird. Dies kommt in der Praxis auch immer wieder vor. Für Anwender der Norm stellt sich dadurch die wichtige – und nicht einfach zu beantwortende Frage – ob eine Norm, die nach wie vor im Amtsblatt der EU gelistet ist, nun noch angewendet werden soll, oder ob besser die Nachfolgernorm, die lt. Hersteller der Norm (also z.B. DIN, ASI oder SNV) „gültig“ ist, aber noch keine Konformitätsvermutungswirkung besitzt, angewendet werden sollte.
Chronologie der EN 60204-1 mit den zur Norm veröffentlichten Dokumenten. Der Fokus liegt hierbei auf der EN 60204-1:2018 am Beispiel der nationalen Veröffentlichungen durch Austrian Standards:
Die rot gekennzeichnete Fläche in Abbildung 4 wirft eine wichtige Frage auf: Soll in dieser Zeitspanne die Norm EN 60204-1:2006 (mit Änderung und Corrigendum) angewandt werden, da einzig diese im Amtsblatt gelistet ist oder bereits der Nachfolger EN 60204-1:2018, obwohl sich noch keine Referenz dieser Ausgabe der Norm im EU-Amtsblatt befindet?
Hersteller bewegen sich in dieser Situation im Spannungsfeld zweier Bereiche: Einerseits verleiht die Listung der Norm im EU-Amtsblatt eine gewisse Rechtssicherheit (Konformitätsvermutungswirkung) gegenüber Behörden, andererseits verlangen die EU-Richtlinien die Einhaltung des „Standes der Technik“ bzw. im zivilrechtlichen Haftungsrecht wird sogar von „Stand von Wissenschaft und Technik“ gesprochen. Details dazu finden sich in einem ausführlichen Beitrag von Prof. Dr. Thomas Wilrich hier.
Grundsätzlich ist festzustellen, dass die oben beschriebene Umkehr der Beweislast gerichtliche Verfahren nicht entscheidet, sondern eben nur die Beweislast umkehrt. Die Konformitätsvermutung ist nur eine Vermutung und keine unwiderlegbare Fiktion – und auch ohne Konformitätsvermutung kann ein Produkt ausreichend sicher sein:
Insgesamt sollte die „Vermutungswirkung“ nicht überschätzt werden. Letztlich fordert das Gesetz die Einhaltung des Standes der Technik, und ein „Angreifer“ (Geschädigter oder Staatsanwalt) könnte argumentieren, dass die Anwendung von Normen, die vom Hersteller bereits als „zurückgezogen“ eingestuft wurden nicht (mehr) den Stand der Technik repräsentieren. Über den pauschalen Ausgang solcher rechtlicher Auseinandersetzungen um das Vorhandensein ausreichende oder eben nicht ausreichender Sicherheit zu spekulieren wäre nicht seriös, da solche Entscheidungen immer einen ganz spezifischen Einzelfall entschieden und sich somit nur bedingt zur Ableitung genereller Empfehlungen eignen. Wichtig ist auf jeden Fall, dass keine Normen angewendet werden, die vom Amtsblatt der EU gestrichen wurden. D.h., dass auch solche Normen nicht auf der Konformitätserklärung erwähnt werden. Die Nennung von veralteten Normen kann zu erheblichen Aufwänden aufgrund von Beanstandungen durch Behörden führen wie beispielsweise im Fall von Rasenmähern in einem Fall des EuG9.
Wie sollen Hersteller nun mit solchen Übergangsfristen umgehen? Grundsätzlich ist für Hersteller wichtig, dass sie nicht jene Normen anwenden, die heute gültig sind, sondern jene, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens ihrer Produkte gültig sein werden. Man muss aber letztlich betonen: Entscheidend ist der Stand der Technik im Zeitpunkt des Inverkehrbringens, weil der sich ja nicht zwingend in der Norm widerspiegelt (was aber eben vermutet wird).
D.h. insbesondere für komplexere Projekte bzw. für Serienprodukte ist es wichtig, für jedes einzeln ausgelieferte Produkt genau zu prüfen, wie lange die herangezogenen Normen noch gültig sein werden bzw. wie der Stand der Technik ist. Somit kann es auch bereits in der in Abbildung 4 abgebildeten Zeitphase hilfreich sein, die neuere Norm anzuwenden, da das Produkt ohnehin erst zu einem Zeitpunkt in Verkehr gebracht wird, zu dem die alte Norm bereits zurückgezogen worden sein wird.
Leider ist nicht immer klar, wann die neue Norm denn nun ins Amtsblatt der EU aufgenommen werden wird. So war es auch bei EN 60204-1:2018. In diesem Fall empfiehlt es sich Herstellern bereits frühzeitig zu prüfen, welche sicherheitstechnischen Maßnahmen an Produkten auf Basis einer Norm getroffen wurde, welche in Kürze abgelöst werden wird. Durch den Vergleich mit der neueren Norm kann ermittelt werden, ob diese neue Norm denn überhaupt andere Maßnahmen vorsieht. Sollte die neuere Norm andere Lösungen vorsehen, die besser geeignet sind Risiken zu mindern, können und sollten diese Maßnahmen angewendet werden. Empfehlenswert ist allerdings in der Risikobeurteilung nachvollziehbar zu dokumentieren, warum abweichende Maßnahmen zur aktuell im Amtsblatt der EU gelisteten Norm getroffen wurden. In Safexpert ist es daher beispielsweise möglich zu Maßnahmen Normenreferenzen zu hinterlegen, damit im Fall von Normenänderungen mit einem Klick ermittelt werden kann, an welchen sicherheitstechnischen Maßnahmen in welchen Projekten eine bestimmte Norm angewendet wurde.
Zusammenfassend bedeutet dies, dass die Auswahl von sicherheitstechnischen Lösungen in erster Linie eine technische Entscheidung ist. Insbesondere in Haftungsfällen (also z.B. nach Unfällen) stellt sich die Frage, ob durch die gewählte Lösung das Risiko hinreichend vermindert wurde.
Fußnoten:2Die Norm EN 60204-1 wurde zusätzlich zum Amtsblatt nach Maschinenrichtlinie auch ins Amtsblatt nachNiederspannungsrichtlinie 2014/35/EU aufgenommen. Diese Daten sind hier aber der Übersichtlichkeit halber nicht angeführt.3Schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom 10.04.2017 (2C_75/2016, 2C_76/2016)4VG Sigmaringen, Urteil v. 27.11.2008 (Az. 8 K 1828/06) – Urteilsbesprechung Nr. 26 in Wilrich (Fn. 1).5EG-Kommission, Erläuterungen zur Maschinenrichtlinie 1998, Rn. 175.6EG-Kommission, Erläuterungen zur Maschinenrichtlinie 1998, Rn. 186.7VG Hamburg, Urteil v. 28.9.2010 (Az. 10 K 1128/09) – Urteilsbesprechung Nr. 8 in Wilrich (Fn. 1).8OLG Frankfurt, Urteil v. 05.07.2018 (Az. 6 U 28/18) – Kinderschreibtisch.9Online Abrufbar unter dem Aktenzeichen: ECLI:EU:T:2017:36
In der Vergangenheit wurden meist Normen vom EU-Amtsblatt gestrichen und mit sofortiger Wirkung durch eine Nachfolgenorm ersetzt. Seit 2019 wurde dieses Verfahren geändert und es werden nun üblicherweise Übergangsfristen für Normen, die im Amtsblatt der EU gelistet sind definiert. Mit dieser Änderung des Formats der Veröffentlichung von harmonisierten Normen im EU-Amtsblatt wird Herstellern mehr Zeit für den Umstieg gewährt. Wird eine Nachfolgenorm ins Amtsblatt aufgenommen, so werden meist ca. 2 Jahre als Übergangsfrist eingeräumt, in welcher noch die alte Norm für die CE-Kennzeichnung anwendbar ist. Am Beispiel der EN 60204-1:2018 bleibt die Vorgängernorm EN 60204-1:2006 noch bis 02.10.2021 für die CE-Kennzeichnung im Amtsblatt der EU gelistet und löst noch bis dahin Konformitätsvermutung aus, obgleich diese von den nationalen Normungsorganisationen als „zurückgezogen“ eingestuft wird.
Anwender von Safexpert profitieren davon, dass die unterschiedlichen Informationen durch die Mitarbeiter von IBF übersichtlich aufbereitet werden. Dies wird am Beispiel von EN 15001-1, der Norm für Gasinfrastruktur Gas-Leitungsanlagen mit einem Betriebsdruck größer 0,5 bar für industrielle Installationen, dargestellt.
EN 15001:2009 ist z.B. zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Beitrages als harmonisierte Norm nach der Druckgeräterichtlinie im EU-Amtsblatt gelistet (1). Allerdings ist das Dokument vom Herausgeber bereits zurückgezogen (2). Das nationale Dokument (3) ist ebenfalls als zurückgezogen markiert.
Von CEN wird die Zurückziehung allerdings nur in der Nachfolgenorm kommuniziert, der EN ISO 13857:2019. Diese ist (noch) nicht im EU-Amtsblatt gelistet (4), jedoch nach Angaben des Herausgebers CEN aktuell (5), ebenso wie die nationale Umsetzung, ÖNORM EN ISO 2020-07-01 (6).
Zu beachten ist die Angabe DOW (=date of withdrawal), welche von CEN vergeben wird (7): diese schreibt vor, mit welchem Datum nationale Ausgaben, welche mit der aktuellen europäischen Fassung kollidieren, zurückgezogen werden müssen. Hier ist für EN ISO 13857:2019 der 15.04.2020 angegeben, mit diesem Datum wurde die ÖNORM EN ISO 13857:2008-08-01 zurückgezogen.
Abbildung 7 zeigt eine Risikobeurteilung in Safexpert. Diese wird gefiltert dargestellt, s.d. nur jene Maßnahmen angezeigt werden, bei denen EN 15001-1:2009 angewendet wurde. Durch diese Filterfunktion und die Informationen aus dem Safexpert NormManager kann rasch entschieden werden, ob eine neue Norm andere Maßnahmen vorsieht.
Tipp: Ab Safexpert 8.6 bietet Safexpert sogar einen eingebauten Änderungs-Assistenten, mit dem noch komfortabler auf Normenänderungen reagiert werden kann. Details dazu finden Sie im kostenlosen Fachbeitrag.
Verfasst am: 15.09.2023 (Letzte Aktualisierung)
Daniel Zacek-Gebele, MSc Produktmanager bei IBF für Zusatzprodukte sowie Datenmanager für die Aktualisierung der Normendaten am Safexpert Live Server. Studium der Wirtschaftswissenschaften in Passau (BSc) und Stuttgart (MSc) im Schwerpunkt International Business and Economics.
E-Mail: daniel.zacek-gebele@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
Johannes Windeler-Frick, MSc ETH Geschäftsführer der IBF Solutions. Fachreferent CE-Kennzeichnung und Safexpert. Vorträge, Podcasts und Publikationen zu unterschiedlichen CE-Themen, insbesondere CE-Organisation und effizientes CE-Management. Leitung der Weiterentwicklung des Softwaresystems Safexpert. Studium der Elektrotechnik an der ETH Zürich (MSc) im Schwerpunkt Energietechnik sowie Vertiefung im Bereich von Werkzeugmaschinen.
E-Mail: johannes.windeler-frick@ibf-solutions.com | www.ibf-solutions.com
Prof. Dr. Thomas Wilrich Tätig rund um die Themen Produktsicherheit, Produkthaftung, Arbeitsschutz und Warenvertrieb einschließlich der entsprechenden Betriebsorganisation, Vertragsgestaltung, Schadensersatz- und Führungskräftehaftung, Versicherungsfragen und Strafverteidigung. Er ist an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule München zuständig für Wirtschafts-, Arbeits-, Technik- und Unternehmensorganisationsrecht sowie „Recht für Ingenieure“.
E-Mail: info@rechtsanwalt-wilrich.de | www.rechtsanwalt-wilrich.de
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